HPU und sein Beitrag zur Entwicklung von Histaminosen
Datum: 23.10.2025 Autor: Dr. med. Karsten Ostermann

Menschen mit HPU (Hämopyrrollaktamurie) verlieren durch die vermehrte Ausscheidung von Pyrrolverbindungen über den Urin wichtige Mikronährstoffe, insbesondere Zink, Vitamin B6 und in vielen Fällen auch Mangan. Diese Substanzen sind jedoch essenziell für die Funktion und Stabilität der von histaminabbauenden Enzymen. Dazu gehören DAO (Diaminoxidase) – dem wichtigsten Enzym zum Abbau von Histamin im Darm – und das HNMT.
Zinkmangel bei HPU
Zink ist ein struktureller und funktioneller Cofaktor der DAO. Es sorgt dafür, dass das DAO richtig aufgebaut ist und in stabiler Form vorliegt. Darüber hinaus ist Zink wichtig für die Regeneration des Darmepithels, in dem DAO gebildet wird – insbesondere in den Enterozyten des Dünndarms.
Bei HPU wird Zink vermehrt über den Urin ausgeschieden, da es sich an Pyrrolkomplexe bindet. Der Körper verliert dadurch konstant Zinkreserven, was dazu führt, dass:
- die Bildung neuer DAO-Moleküle eingeschränkt ist,
- bereits gebildete DAO weniger stabil und anfälliger für Deaktivierung ist,
- und die Darmschleimhaut anfälliger für Entzündungen wird, was die DAO-Produktion zusätzlich hemmt.
Die Folge ist ein deutlicher Rückgang der verfügbaren DAO-Kapazität – selbst wenn keine besonders histaminreiche Nahrung aufgenommen wird.
Weiterhin führt ein Zinkmangel auch zu einer verringerten Stabilität der Mastzellen, was die Schwelle der Mastzellen reduziert, Histamin freizusetzen.
Manganmangel bei HPU
Mangan ist ein weiterer Cofaktor für oxidierende Enzyme, zu denen auch die DAO zählt. Es ist am elektronentransferierenden Teil der Reaktion beteiligt, der Histamin zu Imidazolacetat abbaut.
Bei HPU ist Mangan häufig funktionell vermindert – einerseits durch erhöhte Verluste, andererseits durch schlechte Aufnahme bei Dysbiose, Leaky Gut.
Fehlt Mangan, arbeitet die DAO nur noch verlangsamt – Histamin wird nicht vollständig abgebaut, sondern verbleibt länger im Gewebe oder gelangt in den Blutkreislauf. Dies führt zu einer schleichenden Akkumulation.
Vitamin-B6-Mangel bei HPU
Vitamin B6 (in seiner aktiven Form Pyridoxal-5-Phosphat, kurz P5P) ist unverzichtbar für viele Enzyme im Aminosäurestoffwechsel – und damit auch für den Histaminabbau. Zwar ist B6 kein direkter Cofaktor der DAO-Reaktion selbst, aber es ist notwendig für die Aktivierung und Regulation des Enzyms. Vitamin B6 wird auch für das zweite Histamin abbauende Enzym benötigt – die HNMT (Histamin-N-Methyltransferase). Diese arbeitet insbesondere im Gehirn und in der Leber. Fällt B6 durch HPU-bedingte Verluste weg, ist auch dieser Weg nicht mehr funktionsfähig.
Die Kombination aus gestörter DAO-Aktivität und blockierter HNMT bedeutet, dass der Körper weder extrazellulär noch intrazellulär Histamin effektiv abbauen kann. Selbst bei normaler Zufuhr oder bei normaler körpereigener Histaminfreisetzung kann es so zu Symptomen einer Histaminose kommen, obwohl genetische Enzymdefekte nicht vorliegen müssen.
HPU als Entgiftungsstörung
Die HPU ist auch eine Entgiftungsstörung. Das kann dazu führen, dass sich vermehrt toxische Metalle im Gewebe einlagern. Dies hat verschiedene Konsequenzen: Zum einen verdrängen toxische Metalle essentielle Mineralien. So kann u.a. Quecksilber das Zink aus den Bindungsstellen verdrängen und somit die DAO-Funktion einschränken und gleichzeitig über vermehrten oxidativen Stress die Mastzellen aktivieren. Gleichzeitig wird die Mastzellmembran durch den Zinkmangel destabilisiert, so dass eine Histaminfreisetzung leichter getriggert werden kann.
Teufelskreislauf Leaky-Gut-Syndrom
Bei einer HPU kann es aufgrund der beschriebenen Mängel leichter zu einem Leaky-Gut-Syndrom kommen, also zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut. Das kann dazu führen, dass vermehrt unverdaute Nahrungsproteine die Darmwand durchdringen und sich Nahrungsmittelintoleranzen bilden können. Meist sind Intoleranzen mit einer verzögerten Wirkung, z.B. Typ-3-Allergien (auch „verzögerte Nahrungsmittelallergien“) problematisch, da es schwierig ist, Rückschlüsse auf die konkreten Nahrungsmittel zu ziehen. Hier werden dann Immunkomplexe (IgG + Antigen) gebildet, die eine lokale Entzündungsreaktion mit einer Latenz von bis zu 72h im Darm hervorrufen können. Dabei können Mastzellen im Darm Histamin freisetzen – auch ohne klassische IgE-Allergie (Sofort-Typ-Allergie). Gleichzeitig führt das Leaky-Gut-Syndrom dazu, dass das lokal freigesetzte Histamin ins Blut übertreten und systemische Symptome verursachen. Dazu gehören z. B. Kopfschmerzen, Hautreaktionen, Herzrasen und Müdigkeit.
Laboruntersuchungen
Eine stufenweise durchgeführte Labordiagnostik kann helfen, den Verdacht auf eine Histaminose zu erhärten oder auszuschliessen. Sobald es Hinweise auf das Vorliegen einer solchen gibt, kann man mit weiterer Folgediagnostik die Ursachen eingrenzen, um einen möglichst effizienten Therapieplan erstellen zu können.
Als Basisdiagnostik kann man Histamin im Heparinblut und auch Histamin oder Methylhistamin im Urin messen. Wenn diese Werte erhöht sind, kann man davon ausgehen, dass auf der einen Seite zu viel Histamin zugeführt wird, entsteht oder freigesetzt wird im Verhältnis zu den dann «überforderten» Abbauwegen über die Enzyme DAO und HNMT. Dann macht es Sinn, die einzelnen Abbauwege genauer unter die Lupe zu nehmen. So kann man dann die Aktivität der DAO (nicht die Menge der DAO) im Blut und im Stuhl messen. Auch die Menge des Histamins im Stuhl ist wichtig zu wissen. Auch ist es möglich das Verhältnis vom Histamin und das Abbauprodukt der DAO, die Imidazolessigsäure, zu bestimmen um die Aktivität der DAO zu bestimmen.
Die Aktivität des Enzyms HNMT kann man nicht direkt messen. Hier bieten Labore unter anderem an, das Verhältnis von Histamin und N-Methyl-Histamin zu bestimmen, was folglich Rückschlüsse auf die Aktivität der HNMT geben kann. Einige Labore bieten auch eine Messung der totalen Histaminabbaukapazität an, in der gleich beide Enzyme DAO und HNMT gemessen werden.
Sollten die Messungen dann zeigen, dass die Enzyme nicht korrekt arbeiten, kann man Cofaktoren der Enzyme bestimmen. Bei der DAO macht dann eine hämatokritkorrelierte Mineralanalyse im Vollblut Sinn, um Zink, Mangan und Kupfer zu prüfen, sowie auch eine Kontrolle des aktiven Vitamin B6.
Für die Prüfung der Cofaktoren der HNMT kann man Methionin, Mangan, Eisen (Ferritin), Vitamin B12 (Holotranscobalamin, Methylmalonsäure oder aktives Vitamin B12), Vitamin B6, Folsäure, sowie auch Vitamin B2 und B3 messen. Auch die Messung von Homocystein sowie des SAH/SAM-Ratio bietet die Möglichkeit die Methylierungsfunktion zu prüfen, denn die HNMT ist auf eine Bereitstellung von genügend Methylgruppen abhängig.
Des Weiteren können auch genetische Tests für ein vollumfängliches Verständnis weiterhelfen. Hier kann man folgende Gene auf Polymorphismen testen: DAO, HNMT, MTHFR, MTHFD1, CBS, MTR, MTRR und COMT.
Wenn die Diagnose einer Histaminose vorliegt und verstanden ist, welche Abbauwege involviert sind, folgt im nächsten Schritt die Klärung der Ursachen für eine mögliche vermehrte Freisetzung von Histamin.
Therapie: Histaminosen bei HPU
Viele Menschen mit HPU, die mit einer Histaminose zu tun haben, profitieren von einer gezielten Unterstützung ihres Körpers den Basis-Mikronährstoffen Zink, Mangan und Vitamin B6 als P5P.
Bei regelmäßiger und einschleichender Einnahme kann sich der Histaminhaushalt oft innerhalb eines Jahres spürbar stabilisieren. Damit die Enzyme, die Histamin abbauen, optimal arbeiten können, ist es wichtig, dass ihnen alle dafür notwendigen Bausteine zur Verfügung stehen.
In der Anfangszeit einer Therapie hat es sich bewährt, auf eine histaminarme Ernährung zu achten. Das entlastet den Organismus und hilft dabei Beschwerden zu lindern. Ziel ist es jedoch nicht, für immer auf viele Lebensmittel zu verzichten, sondern die natürliche Fähigkeit des Körpers zur Histaminverarbeitung wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Besonders kritisch sind stark gereifte, lange gelagerte oder mehrfach aufgewärmte Speisen – sie enthalten meist große Mengen an Histamin. Frisch zubereitete Gerichte sind daher in dieser Phase besonders empfehlenswert. Wer sich umfassender informieren möchte, findet gute Quellen bei Organisationen wie der Schweizerischen Interessensgemeinschaft für Histaminintoleranz.
Wenn sich der Histaminspiegel trotz gezielter Nährstoffzufuhr nicht ausreichend reguliert, können zusätzliche Maßnahmen helfen. In akuten Situationen greifen manche Betroffene zu einem Antihistaminikum, das die Rezeptoren blockiert, an denen Histamin normalerweise ansetzt. Auch Vitamin C hat sich als hilfreich erwiesen, vor allem in höheren Dosen. Es kann oral eingenommen werden – liposomale Präparate gelten dabei als besonders gut verträglich – oder bei Bedarf auch über Infusionen verabreicht werden. Da Histamin wasserlöslich ist, kann es zudem unterstützen, ausreichend zu trinken, um es optimal über die Nieren auszuscheiden.
Für einen Teil der Patienten kann es hilfreich sein, das Enzym DAO in Kapselform vor dem Essen einzunehmen, wobei dieses helfen kann, Histamin im Darm abzubauen. Zusätzlich werden naturbasierte Bindemittel wie Zeolith, Humin- und Fulvinsäuren (Mumijo), überschüssiges Histamin im Darm zu binden, um zu vermeiden, dass Histamin durch den Darm ins Blut gelangt und um die Enzündungsreaktionen im Darm zu lindern. Auch kann es helfen, eine spezielle Mischung aus Verdauungsenzymen, z.B. Bromelain, vor den Mahlzeiten einzunehmen. Sollte eine Nahrungsmittelintoleranz vorliegen, bei der als Reaktion Histamin freigesetzt wird, können die Enzyme helfen, die Nahrungsproteine schneller abzubauen und so die Histaminfreisetzung zu minimieren.
Eine weitere wichtige und hilfreiche Möglichkeit ist die Einnahme von Mastzellstabilisatoren. In der Medizin wird häufig das Medikament Chromoglycinsäure eingesetzt, es gibt aber auch natürliche Mischungen, welche die Mastzellen hervorragend stabilisieren wie z.B. im NatuGena HistaStabil. Die Wirkung findet nicht nur im Darm, sondern im gesamten Körper statt.
Mögliche Probleme bei der Behandlung mit Supplementen in der Einstellungsphase
Es gibt immer wieder Situationen, die in der Einstellungsphase bei HPU Patienten mit den Basismikronährstoffen bei gleichzeitig vorliegendem Cofaktormangel mit möglicherweise zusätzlich vorliegenden Polymorphismen der am Abbau vom Histamin beteiligten Enzymen zu Problemen führen können.
Vitamin B6, welches bei der HPU-Therapie meistens langsam eingeschlichen wird, ist auch gleichzeitig ein Cofaktor des Enzyms Histidin-Decarbolylase. Normalerweise stellt dies kein Problem dar, denn nur weil Vitamin B6 zugeführt wird, muss nicht gleich Histamin gebaut werden. Wenn aber gleichzeitig Cofaktoren fehlen (Kupfer, Vitamin C, Vitamin B12, Folsäure, Methionin), ggf. noch gleichzeitig Polymorphismen der Gene DAO oder HNMT vorliegen und die Histaminabbauwege blockiert sind, kann es, zu einer funktionellen Histaminose kommen.
Die Patienten denken dann, sie vertragen die Supplemente nicht. Wenn also Beschwerden in der Einstellungsphase der Basismedikation auftreten, sollte man an diese Zusammenhänge denken, und die entsprechenden Parameter im Labor überprüfen.
Ein gestörter Histaminstoffwechsel, besonders bei genetischen Prädispositionen oder HPU, kann vielfältige Beschwerden verursachen. Mit gezielter Unterstützung der Abbauwege, angepasster Nährstoffversorgung und gegebenenfalls histaminarmer Ernährung lässt sich das Gleichgewicht häufig wiederherstellen und die Lebensqualität nachhaltig verbessern.
Autor: Dr. med. Karsten Ostermann
- M.A., Facharzt für Spezielle Schmerztherapie, Naturheilverfahren, Akupunktur
- Chefarzt und Medizinischer Direktor der Alpine BioMedical AG, Klinik für Biologische und Integrative Medizin in Winterthur, Schweiz
- Leitender Arzt im MVZ in Teltow mit Schwerpunkt Biologische und Integrative Medizin, Komplementärmedizin, Ursachenmedizin, Metalltoxikologie, Chelat-Therapie
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