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Histaminosen unter der Lupe – die kryptische Allergie

Datum: 20.10.2025 Autor: Dr. med. Karsten Ostermann

Histamin ist ein körpereigener Botenstoff, der Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt wurde und an einer Vielzahl biologischer Prozesse beteiligt ist. Er wirkt im Immunsystem, im Magen-Darm-Trakt, im Nervensystem und im Kreislaufsystem. Besonders bekannt ist Histamin durch seine Rolle bei Allergien, da es hier für viele typische Symptome wie Entzündung, Schwellung und Rötung der Haut, Juckreiz oder auch die Verengung der Bronchien verantwortlich ist.

Doch Histamin erfüllt weit mehr Aufgaben: Es reguliert die Magensäureproduktion, beeinflusst den Schlaf-Wach-Rhythmus oder die Blutgefäßweite und spielt eine Rolle bei der Signalübertragung im Gehirn.
Histamin gelangt auf zwei Wegen in den Körper. Einmal exogen durch die Nahrung, wobei die meisten Nahrungsmittel mehr oder weniger viel Histamin enthalten,  und endogen über die körpereigene Produktion, wobei das  Histamin aus der Aminosäure L-Histidin hergestellt wird. Als Cofaktor wird Vitamin B6 benötigt. Das Histamin wird dann in den Mastzellen und basophilen Granulozyten gespeichert, welche zum unspezifischen Immunsystem gehören. Histamin wird aber auch in Magenzellen gespeichert und in Nervenzellen als Neurotransmitter produziert.

Histamin entfaltet seine Wirkung, indem es an vier verschiedene Rezeptoren bindet:

Rezeptor   

Vorkommen

Wirkung

Medikamente

H1

Haut, Gefäße, Atemwege, Gehirn

Allergische Symptome (Juckreiz, Bronchokonstriktion), Entzündung

Antihistaminika bei Allergien

H2

Magenschleimhaut, Herz, Immunzellen

Magensäureproduktion, Immunmodulation

H2-Blocker bei Reflux

H3

Zentrales Nervensystem

Wachheit, Schlafregulation, Neurotransmitterhemmung

Forschung bei ADHS, Narkolepsie

H4

Immunzellen, Darm, Knochenmark

Entzündungsreaktion, Juckreiz, Immunzellsteuerung

Zielstruktur in Autoimmunforschung


Damit Histamin im Körper jedoch nicht überhandnimmt, gibt es spezielle Enzyme, die es abbauen: die Diaminoxidase (DAO), die vor allem im Darm und Blut, aber auch in Niere und Gebärmutter aktiv ist, und die Histamin-N-Methyltransferase (HNMT), die überwiegend innerhalb der Zellen wirkt, sowie die Monoaminooxidase (MAO-B).
Für eine optimale Funktion benötigt die DAO verschiedene Cofaktoren, insbesondere Vitamin B6, Kupfer und Vitamin C. Liegt eine genetische Schwäche vor, etwa durch DAO-Polymorphismen, wird die Aktivität des Enzyms verlangsamt, was den Histaminabbau erschwert.

Das Enzym HNMT (Histamin-N-Methyltransferase) ist für den intrazellulären Abbau von Histamin verantwortlich, zum Beispiel in der Leber und im Gehirn. Es benötigt den Methylgruppen-Donor SAMe (S-Adenosylmethionin). Damit SAMe gebildet werden kann, ist der Körper auf eine ausreichende Versorgung mit Methionin, aktiver Folsäure (Vitamin B9), Vitamin B12, Vitamin B6, Cholin, Betain, Magnesium und Zink angewiesen. Auch genetische Schwächen können den Abbauprozess beeinflussen: HNMT-Polymorphismen verlangsamen den Histaminabbau direkt, während MTHFR-Genvarianten die SAMe-Produktion beeinträchtigen und somit den Histaminabbau indirekt behindern.

Das Enzym Monoaminooxidase (MAO-B) ist am letzten Schritt des Histamin-HNMT-Abbauwegs beteiligt. Es baut die entstehenden Methylhistamin-Verbindungen weiter ab und entfaltet seine Wirkung vor allem in der Leber und im Nervensystem. Ein genetische SNP, der die Aktivität von MAO-B reduziert, kann dazu führen, dass diese Abbauprodukte langsamer verarbeitet werden. Mit einem MAO-B-SNP kann es indirekt zu einer verstärkten Histaminproblematik kommen, vor allem wenn gleichzeitig Varianten in HNMT, MTHFR oder DAO vorliegen.

Histaminintoleranz und Histaminosen

Der Begriff „Histaminintoleranz“ wird in der Ernährungsmedizin und Allergologie häufig verwendet. Er beschreibt einen Zustand, bei dem der Abbau von Histamin – insbesondere durch die DAO – eingeschränkt ist. Dies kann dazu führen, dass schon normale Mengen Histamin aus der Nahrung oder körpereigene Histaminfreisetzung Symptome wie Kopfschmerzen, Hautrötungen, Verdauungsbeschwerden oder Kreislaufprobleme auslösen.

Wichtig ist jedoch: Histaminintoleranz ist keine Intoleranz im klassischen Sinn, wie z. B. eine Laktoseintoleranz, bei der ein Enzym vollständig fehlt. Stattdessen handelt es sich um eine verminderte Abbaukapazität oder eine vorübergehende Überlastung der histaminabbauenden Systeme. Daher wird häufig vorgeschlagen, den Begriff Histaminose zu verwenden. Diese liegt vor, wenn die Zufuhr oder die Bildung von Histamin im Körper in einem gestörten Verhältnis zum Abbau durch die Enzyme DAO und HNMT steht. Mit anderen Worten: Es wird mehr Histamin aufgenommen oder freigesetzt, als die Abbaukapazität der Enzyme zulässt.

Typische Symptome einer Histaminose

  • Haut: Rötungen, Juckreiz, Nesselsucht
  • Kopf: Kopfschmerzen, Migräne, Konzentrationsstörungen
  • Herz-Kreislauf: Herzrasen, Blutdruckschwankungen
  • Verdauung: Blähungen, Durchfall, Übelkeit
  • Nervensystem: Schlafstörungen, Unruhe, Reizbarkeit

Es gibt viele Stellschrauben, die dazu beitragen können, das es zu einer Histaminose kommt. So gibt es Medikamente, die die Aktivität des Enzyms Diaminoxidase (DAO) hemmen, darunter bestimmte Schmerzmittel wie Aspirin oder Diclofenac, aber auch Antidepressiva, Antibiotika, Blutdrucksenker und H2-Blocker.

Eine weitere Ursache kann eine erhöhte körpereigene Histaminfreisetzung sein. Diese tritt beispielsweise bei Allergien, chronischen Infektionen und Entzündungen, bei Parasitosen, mechanischer Reizung, Stress oder bei einer Dysbiose mit vermehrter Histaminproduktion durch Darmbakterien auf. Auch eine systemische Mastzellerkrankung kann dazu beitragen.
Darüber hinaus können individuell verminderte Enzymaktivitäten eine Rolle spielen. Solche Einschränkungen entstehen unter anderem durch genetische Varianten, wie Polymorphismen in den Genen für DAO, HNMT oder MTHFR.

Auch hormonelle Einflüsse, beispielsweise ein Missverhältnis zwischen Östrogen und Progesteron, können relevant sein. Ebenso können chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Leberfunktionsstörungen oder toxische Metalle die Aktivität der Enzyme beeinträchtigen, da sie diese blockieren, oxidativen Stress fördern und Mastzellen destabilisieren. Ein Säure-Basen-Ungleichgewicht kann diesen Effekt zusätzlich verstärken.

Eine weitere mögliche Ursache ist ein Mangel an Cofaktoren, die für das Enzym DAO notwendig sind. DAO ist ein kupferhaltiges Enzym, das den Abbau von Histamin im Darm übernimmt. Für seine Aktivität sind jedoch auch andere Mikronährstoffe erforderlich, insbesondere Zink, Mangan und die aktive Form von Vitamin B6 (P5P).

Auch das Enzym Histamin-N-Methyl-Transferase (HNMT), das Histamin intrazellulär abbaut, benötigt bestimmte Cofaktoren. Damit es Histamin zu N-Methyl-Histamin umwandeln kann, ist es auf eine ausreichende Versorgung mit Methylgruppen angewiesen. Die Bildung dieser Methylgruppen hängt von einer komplexen Nährstoffversorgung ab, insbesondere mit Methionin, aktiver Folsäure, Vitamin B12, Vitamin B6, Cholin, Betain, Magnesium und Zink.

Nicht zuletzt können chronische Entzündungen im Darm sowie ein sogenanntes Leaky Gut die Aktivität von DAO verringern. Eine entzündete Darmschleimhaut, wie sie zum Beispiel bei Reizdarm, Infektionen oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten vorkommt, beeinträchtigt die Enzymfunktion deutlich. Hinweise auf solche Entzündungen liefern Marker wie Calprotectin, sIgA, EPX oder Lysozym im Stuhl sowie die Leaky-Gut-Parameter Zonulin und Alpha-1-Antitrypsin. Als Folge kann Histamin aus der Nahrung nicht ausreichend abgebaut werden und gelangt vermehrt ins Blut.

Therapie einer Histaminose

Viele Betroffene mit Histaminproblemen profitieren von einer gezielten Unterstützung der Enzyme, die am Histaminabbau beteiligt sind. Damit diese optimal arbeiten können, benötigen sie bestimmte Mikronährstoffe wie Vitamin B6 (P5P), Kupfer, Vitamin C, Zink, Magnesium und aktive Folsäure. Auch eine gezielte Gabe von Antioxidantien, wie z.B. Quercetin wird im Zusammenhang mit Histaminabbau diskutiert. Eine regelmäßige und vorsichtige Supplementierung kann dazu beitragen, den Histaminhaushalt langfristig zu stabilisieren.

Gerade in der Anfangszeit einer Therapie hat sich eine histaminarme Ernährung bewährt, um den Organismus zu entlasten und Beschwerden zu lindern. Besonders kritisch sind stark gereifte, lange gelagerte oder mehrfach aufgewärmte Speisen, da sie meist große Mengen an Histamin enthalten. Frisch zubereitete Mahlzeiten sind in dieser Phase besonders empfehlenswert. Ziel ist es jedoch nicht, dauerhaft viele Lebensmittel zu meiden, sondern die Fähigkeit des Körpers zur Histaminverarbeitung wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Wenn sich der Histaminspiegel trotz Nährstoffzufuhr nicht ausreichend reguliert, können weitere Maßnahmen helfen. In akuten Situationen kommen Antihistaminika infrage, die die Histaminrezeptoren blockieren. Auch Vitamin C hat sich als hilfreich erwiesen, da es Histamin abbaut; besonders gut verträglich sind liposomale Präparate. Da Histamin wasserlöslich ist, unterstützt zudem eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr den Abbau über die Nieren.

Ergänzend kann das Enzym DAO in Kapselform vor den Mahlzeiten eingenommen werden, um Histamin im Darm abzubauen. Naturbasierte Bindemittel wie Zeolith, Humin- oder Fulvinsäuren (z. B. Mumijo) binden überschüssiges Histamin im Darm und verhindern, dass es ins Blut gelangt. Auch Verdauungsenzyme, wie z.B. Bromelain vor den Mahlzeiten können hilfreich sein, da sie Nahrungsproteine schneller spalten und dadurch die Histaminfreisetzung reduzieren.

Die Flora kann auch durch Histamin abbauende Bakterienstämme versorgt werden, um so eine Histaminbildung im Darm zu reduzieren. Darüber hinaus spielt die Stabilisierung von Mastzellen eine wichtige Rolle. Neben schulmedizinischen Präparaten wie Cromoglicinsäure, gibt es aber auch natürliche Produkte, welche die Mastzellen hervorragend stabilisieren wie z.B. im NatuGena HistaStabil. Die Wirkung findet nicht nur im Darm, sondern im gesamten Körper statt.

Autor: Dr. med. Karsten Ostermann

  • M.A., Facharzt für Spezielle Schmerztherapie, Naturheilverfahren, Akupunktur
  • Chefarzt und Medizinischer Direktor der Alpine BioMedical AG, Klinik für Biologische und Integrative Medizin in Winterthur, Schweiz
  • Leitender Arzt im MVZ in Teltow mit Schwerpunkt Biologische und Integrative Medizin, Komplementärmedizin, Ursachenmedizin, Metalltoxikologie, Chelat-Therapie

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