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Neurowissenschaftliche Grundlagen von Lernen und Konzentration

Datum: 11.06.2025 Autor: Dr. med. Franz Sperlich

Lernen und Konzentration sind zentrale Aspekte unserer kognitiven Fähigkeiten, die auf komplexen neurobiologischen Prozessen im Gehirn beruhen. In einer sich rasch entwickelnden Welt ist es für unseren Erfolg im Leben unabdinglich, diese Ressource zu nutzen. In den letzten Jahrzehnten hat die Neurowissenschaft umfassende Erkenntnisse über die Mechanismen des Lernens und die Rolle der Konzentration gewonnen. Dieses Wissen ist ein Leben lang überaus wertvoll. Vor allem in Lern-Phasen kann eine gezielte Nutzung die Ergebnisse erleichtern.

Neuroplastizität: Das Gehirn im Wandel

Ein zentraler Begriff in der Neurowissenschaft ist die Neuroplastizität, die Fähigkeit des Gehirns, sich durch Erfahrung und Lernen zu verändern. Wenn wir neue Informationen aufnehmen oder Fähigkeiten erwerben, verändern sich die neuronalen Verbindungen in unserem Gehirn. Neuronen kommunizieren über Synapsen, und die Stärke dieser Verbindungen kann durch wiederholte Aktivierung erhöht werden. Häufig genutzte neuronale Pfade verstärken sich, was zu effizienterem Lernen führt. Lernen ist folglich ein Prozess, bei dem der Stoffwechsel, d.h. der Austausch und Aufbau von biologischen Strukturen, eine große Rolle spielt.

Aufmerksamkeit und Konzentration: Das Duo für erfolgreiches Lernen"

Aufmerksamkeit ist die Fähigkeit unseres Gehirns, aus der Fülle an Reizen (Geräusche, visuelle Eindrücke, Gedanken) auszuwählen, womit es sich gerade beschäftigen soll. Sie ist wie ein Scheinwerfer, den wir auf etwas richten.

Konzentration ist die Fähigkeit, diese gerichtete Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten und sich dabei nicht ablenken zu lassen. Wenn die Aufmerksamkeit der Scheinwerfer ist, dann ist Konzentration das intensive, fokussierte Licht dieses Scheinwerfers, das auf einer einzigen Stelle bleibt.

Um die Aufmerksamkeit zu trainieren, kann man bewusst üben, den Fokus auf eine bestimmte Aufgabe oder Information zu lenken und sich klare Ziele für jede Lerneinheit setzen (z.B. den Vorsatz fassen: "Ich will jetzt Kapitel 3 verstehen und alles andere ausblenden“).

Um die Konzentration zu steigern, empfiehlt sich die Schaffung einer lernfreundlichen Umgebung mit möglichst wenigen Ablenkungen, die Nutzung von Zeitmanagement-Techniken wie der Pomodoro-Methode (wechselnde Phasen von fokussierter Arbeit und kurzen Pausen) sowie das bewusste Wahrnehmen der eigenen Leistungsgrenzen, um rechtzeitig Pausen einzulegen, wenn die Konzentration nachlässt.

Stress, Müdigkeit und Ablenkungen können sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Konzentrationsfähigkeit stark beeinträchtigen. Der Einfluss Digitaler Medien auf unser Leben spielt hier eine dominante Rolle. Schlafdefizit und/oder emotionale Belastungen tun ein Übriges.
Ein bewusster Umgang mit Medienkonsum, geplante Phasen von Entspannung, körperliche Bewegung, idealerweise im Freien und ausreichen Schlaf kann helfen, Aufmerksamkeitsspanne und Konzentrationsfähigkeit zu verbessern.

Bewegung: Fordern und Fördern Sie Ihr Gehirn

Körperliche Aktivität hat einen positiven Einfluss auf das Lernen und die Gedächtnisleistung. Regelmäßige Bewegung fördert das Wachstum von Nervenzellen im Hippocampus, einem Bereich des Gehirns, der für das Lernen und Gedächtnis verantwortlich ist. Studien zeigen, dass körperliche Aktivität das neuronale Wachstum stimuliert und somit die geistige Fitness erhöht. Daher ist es wichtig, tägliche Bewegung in unseren Lebensstil zu integrieren, um die kognitive Gesundheit zu unterstützen. Sich regelmäßig zu bewegen kann aber noch viel mehr- so tragen Spaziergänge oder Sporteinheiten zu Entspannung und besserem Schlaf bei. Koordinationsaufgaben wie Tanzen, Balancieren und Jonglage aktivieren und erhalten unsere kognitiven Fähigkeiten. Durch Nutzung und damit Erhalt oder Aufbau von Muskulatur wird unser Stoffwechsel stabilisiert, was sich vor allem nach einer Mahlzeit positiv auf unsere Blutzuckerkurve und damit der Kontinuität unserer Denkleistung auswirkt.

Schlaf: Die unterschätzte Kraft

Schlaf spielt eine entscheidende Rolle für die Gedächtnisbildung. Während des Schlafs verarbeitet das Gehirn Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis und transformiert sie in langfristige Gedächtnisnetzwerke. Schlafentzug hat nachweislich negative Auswirkungen auf die Gedächtnisleistung. Ausreichender und qualitativ hochwertiger Schlaf ist notwendig, um sicherzustellen, dass neue Informationen effektiv gespeichert werden. Dabei sollte wenn möglich der eigene Rhythmus beachtet werden, um persönliche Hochphasen zu nutzen. Je nach Typ können diese von vormittags bis spätabends variieren. Spätabendlich anstrengende sportliche Aktivität oder Schichtarbeit stören oft unseren Rhythmus und sind entsprechend ungünstig. Es ist ratsam, eine regelmäßige Schlafroutine einzuhalten, um die kognitive Leistung zu maximieren.

Ernährung und Mikronährstoffe: entscheidende Helfer

Die Ernährung hat einen direkten Einfluss auf die Gehirnfunktion. Das menschliche Gehirn benötigt eine angemessene Nährstoffversorgung, um optimal zu funktionieren. Darüber hinaus hängt auch die Zusammensetzung unsere Darmbakterien von dem ab was wir Essen. Immer mehr Forschungsergebnisse belegen, dass diese sogenannte Darm-Hirn Achse eine wichtige Rolle für unsere kognitiven Fähigkeiten spielt.

Die Treibstoffe:

Snacks wie Bananen oder eine Handvoll Nüsse sind ideale Quellen für schnelle Energie,
können aber aufgrund der schnell verfügbaren Kohlenhydrate auch den Blutzucker auf Achterbahnfahrt schicken, was sich negativ auf unsere kognitive Leistungsfähigkeit auswirkt. Gesüßte Getränke, aber auch Smoothies mit hohem Fruchtanteil sind deshalb nicht ratsam. Im sogenannten Hungerstoffwechsel stellt unser Gehirn auf Ketone um, so dass wir selbst beim Fasten weiterdenken können- also keine Sorge: Zucker ist kein Muss. Kohlenhydrate sind dennoch wichtige Energielieferanten, sollten aber möglichst in Form von Gemüse oder zumindest in Kombination mit anderen Nährstoffen wie Fetten und Eiweiß konsumiert werden.

Die Baustoffe:

Außer Energie liefert unsere Ernährung auch Baustoffe für unseren Körper und damit auch unser Gehirn. Einige davon sind essentiell, d.h. sie können nicht von uns selbst hergestellt werden und müssen folglich über die Nahrung zugeführt werden.

Bestimmte Omega-3-Fettsäuren (v.a. DHA, z.B. in Algenöl) sind entscheidend für den Aufbau und die Gesundheit des Gehirns. Andere Fette, z.B. bestimmte Omega 6 Fettsäuren können im Übermaß hingegen stören.

Eiweiß bzw. dessen Bestandteile (Aminosäuren) sind die Grundlage für unsere körpereigenen Moleküle. Zum Beispiel werden aus bestimmten Aminosäuren Neurotransmitter gebildet.

Mineralien: Zink spielt u.a. eine Rolle bei der Eiweißsynthese, deshalb ist es nicht nur bei Infekten, sondern auch zur Blutzucker-Regulierung wichtig. Zink hatte in diversen Studien eine positive Wirkung auf kognitiven Leistungen, auch bei AD(H)S.

Ein weitere wichtige Rolle spielt auch Magnesium, das als Anti-Stress Mineral gilt. Zu beachten ist dabei die Magnesiumverbindung die wir einnehmen. Magnesiumoxid z.B. hat eine eher geringe biologische Wirkung und kann in höherer Dosierung zu Verdauungsbeschwerden führen. Magnesium-Taurat , also die Verbindung von Magnesium mit der Aminosäure Taurin, hat eine hohe biologische Verfügbarkeit auch im ZNS.
Auch Kombinationen verschiedener Magnesiumsalze sind verfügbar.   

Bei den Vitaminen sind u.a. die B-Vitamin Reihe, Biotin (Vitamin H) und Vitamin D zu nennen. Gerade bei den B-Vitaminen sollte auf eine sinnvolle Kombination geachtet werden-
Einzelgaben von z.B. „nur B12“ können im schlechtesten Fall sogar störend wirken.

Achtung Überdosierung: Zink und Vitamin D können bei zu hoher Dosierung gesundheitlich ungünstig wirken. Hier sollten die Dosisempfehlungen nur überschritten werden, wenn eine entsprechende Blutanalyse erfolgt.

Die Summe macht’s:

Ein Mangel an diesen Nährstoffen kann die kognitive Funktion erheblich beeinträchtigen, während eine ausreichende Zufuhr die Gedächtnisleistung unterstützen kann. Dabei gilt: die Wirkung wird vom niedrigsten Wert bestimmt. Fehlt einer der wichtigen Biofaktoren, kann das nicht durch ein Mehr der Anderen ausgeglichen werden (Minimumgesetz).

Genussmittel

Auch während des Lernens geht das Leben weiter und so auch unsere Angewohnheiten.

Süßes ist während Lernphasen oft noch verführerischer, kann uns aber nach dem willkommenen Kick sehr müde machen (s. Ernährung).

Koffein hat eine neurotrope Wirkung, d.h. es wirkt sich direkt auf unsere Gehirnchemie aus. Nach dem willkommenen Plus an Wachheit kann es aber zu Unruhe und Schlafproblemen führen.

Alkohol hat eine entspannende Wirkung, schädigt aber auch direkt unsere Hirnzellen und stört unseren Schlaf.
Genussmittel sollten deshalb bewusst konsumiert werden, gerade in Lernphasen: Eine unkontrollierte Mehreinnahme „als Belohnung“ ist meist ebenso kontraproduktiv wie ein plötzlicher Verzicht.

Fazit

Die neurowissenschaftlichen Grundlagen des Lernens und der Konzentration zeigen, dass das Gehirn ein dynamisches Organ ist, das sich ständig anpasst und verändert. Dabei spielen etliche biologische Bedingungen eine Rolle. Als Teil unseres Körpers unterliegt unser Zentrales Nervensystem vielfachen Wechselwirkungen mit allen anderen Organsystemen.

Durch gezielte Maßnahmen wie regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung können wir unsere Lernfähigkeiten verbessern und die Konzentration steigern.
Nach dem Minimumgesetz ist es wichtig alle Komponenten zu beachten. Supplemente können dabei gezielt Defizite ausgleichen. Idealerweise sind diese durch eine Blutuntersuchung bekannt und können gezielt ausgeglichen werden.

Die kognitiven Herausforderungen unseres modernen Lebens sind hoch. Langfristig ist es daher empfehlenswert eigene Lernmethode immer wieder zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Dazu sind dosierte Schritte besser als Extremmaßnahmen.

In einer zunehmend digitalen Welt ist es wichtig, eine Balance zwischen Medienkonsum und aktiven Lernmethoden zu finden, um die kognitive Gesundheit zu fördern und die Fähigkeit zum Lebenslangen Lernen weiter zu entwickeln: für unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit.

💡Tipp: Es hat bereits ein informatives Webinar zum Thema „Fokus & Konzentration: Mit klarem Kopf durch jede Prüfungsphase!“ mit Dr. med. Franz Sperlich und Dr. med. Franz Hütter stattgefunden. Viele der in diesem Text angesprochenen Aspekte wurden dort praxisnah und vertiefend behandelt.
👉Das Skript zum Webinar sowie der Link zur YouTube-Aufzeichnung stehen hier zur Verfügung:

 Skript herunterladen

 

Autor: Dr. med. Franz Sperlich

Dr. med. Franz Sperlich ist Arzt mit Schwerpunkt Integrierte Medizin und hat an der University of California, San Diego zum Thema Aufmerksamkeit geforscht. Er verbindet angewandte Wissenschaft & Medizin und unterstützt Menschen darin, medizinische Aspekte zu erfassen, zu optimieren und in die beruflichen und privaten Lebensumstände zu integrieren. Aus seinen Schwerpunkten Aufmerksamkeit, Emotionen und Vitalität hat er das Narrative Mentoring entwickelt. Er veröffentlicht regelmäßig in Fachzeitschriften und in populärwissenschaftlichen Medien. Sein letztes Buch: Wenn DU kein Problem hast mach Dir eins. Sein Motto: Life Changing Science.

 

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