Das Herz – wenn der Motor "stottert" – Teil 1
Datum: 14.12.2023 Autor: Prof. Dr. rer. nat. Michaela Döll
Herz-, Kreislauferkrankungen stellen in Deutschland mit einem Anteil von 35 bis 40% die häufigste Todesursache dar. Jährlich erleiden ca. 300 000 Bundesbürger einen Herzinfarkt und ca. 250 000 einen Schlaganfall. Über drei Millionen weisen Verschlüsse in den oberen oder unteren Extremitäten auf. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass nur etwa jeder Vierte bis Fünfte der Meinung ist, von diesen Krankheiten betroffen werden zu können. So ergab eine repräsentative Bevölkerungsumfrage (Forsa, DAK-Gesundheit), die vom 30. Oktober bis 2. November 2023 bundesweit mit 1.003 Frauen und Männer durchgeführt wurde, dass z. B. 65% der Befragten Angst vor Krebs aber nur 38% Furcht vor einen Herzinfarkt hatten. Die Risikofaktoren für Herz-, Kreislauferkrankungen sind größtenteils dem Lebensstil geschuldet und damit beeinflussbar. Präventiv und/oder adjuvant therapeutisch können Naturstoffe die Gesundheit des Herz-, Kreislaufsystems unterstützen.
Das Herz - ein Hochleistungsmotor
Kein Organ im Körper muss soviel leisten wie das Herz: Im Ruhezustand schlägt es 70 bis 80 mal pro Minute und nimmt - pausenlos - verbrauchtes Blut an, pumpt es in die Lungen, wo es mit Sauerstoff angereichert wird, holt es wieder zurück und bringt es erneut in den Kreislauf. Dadurch werden alle lebenswichtige Organe unseres Körpers versorgt. Würde man die Blutgefäße alle aneinanderreihen, so ergäbe sich, eine Gesamtlänge von rund 100 000 Kilometern (das entspricht dem zweieinhalbfachen Erdumfang!). Durch dieses Transportsystem werden unsere Organe mit dem lebensnotwendigen Sauerstoff und mit wichtigen Nährstoffen (z. B. Vitaminen und Mineralien) und Wirkstoffen (Hormonen, Enzymen) versorgt. Im Gegenzug werden über dieses Leitungsnetz Atemgase (Kohlendioxid) und Abfallstoffe aus den Körperzellen entfernt. Der zentrale Antrieb dieses Systems erfolgt durch den Herzmuskel. Im Verlauf eines 80-jährigen Lebens hat das Herz durchschnittlich 3 Milliarden mal geschlagen und dabei ca. 200 Millionen Liter Blut durch die Gefäße befördert. Mit jedem Schlag pumpt es 70 bis 100 Milliliter Blut durch die Gefäße. Das entspricht einem Volumen von 5 Litern pro Minute und einer Pumpleistung von 7000 Litern am Tag – eine ungeheure Leistung für das nur 300 Gramm schwere Organ.
Liebeskummer und Co.:Broken Heart Syndrom – wenn das Herz „bricht“
Atemnot, Brustenge, Schweißausbrüche, Übelkeit und Erbrechen können die Begleiterscheinungen dieser speziellen Form der Kardiomyopathie sein. Die Symptome dieser Herzfunktionsstörung ähneln dem Herzinfarkt. Allerdings ist die Ursache hier keine (akut lebensbedrohliche) Verengung und gar ein Verschluss der Herzkranzgefäße sondern meist starker emotionaler Stress, der dem Herzen zusetzt und mit Komplikationen wie z. B. Herzrhythmusstörungen einher gehen kann. Frauen sind besonders gefährdet. Liebeskummer, Trauer, Verlust oder sonstige psychischen Faktoren aber auch übermäßige Freude können ein „Broken Heart Syndrom“ auslösen. Ursächlich wird die Ausschüttung von Stresshormonen und die dadurch bedingten Entzündungsvorgänge für die Störung der Herzpumpfunktion verantwortlich gemacht, die schlimmstenfalls auch mit einem Herzstillstand einhergehen kann. Bei jedem zwanzigsten Betroffenen geht dieses, bislang noch nicht vollständig erforschte, Phänomen tödlich aus.
Welche Ursachen für den Herz-, Kreislauftod gibt es?
Ursächlich für Mortalitätsraten im Herz-, Kreislaufbereich sind die koronare Herzerkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzrhythmusstörungen und die Herzinsuffizienz zu nennen. Die Risikofaktoren und pathogenetischen Mechanismen, die in den Blutgefäßen stattfinden und die genannten Erkrankungen begünstigen, sind inzwischen größtenteils aufgeklärt. Und so sind sowohl beeinflussbare als auch nichtbeeinflussbare Risikofaktoren, die ein kardiales Ereignis begünstigen können, bekannt (Tabelle). Während die genannten klassischen KHK-Risikofaktoren , Studien zufolge, nur zu etwa 50% mit kardialen Ereignissen korrelieren, liegen aus einer Vielzahl von Untersuchungen Hinweise auf weitere gefäßrelevante Einflussgrößen vor. So führt man inzwischen die Atherosklerose initial auf einen erhöhten oxidativen Stress (Oxidation der Blutfette, vor allem des Cholesterins), auf die endothelschädigenden Hyperhomocysteinämien und auf proinflammatorische Prozesse zurück, die in der Summe letztlich zu Endotheldysfunktionen führen und Herz-, Kreislauferkrankungen begünstigen.
Klassische Risikofaktoren, die für die Entstehung von Herz-, Kreislauferkrankungen bekannt sind
Beeinflussbare Risikofaktoren:
-
Hypertonie
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Dyslipoproteinämien
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Übergewicht
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Tabakkonsum
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Bewegungsmangel
Nichtbeeinflussbare Risikofaktoren
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Alter
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Geschlecht
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Genetische Prädisposition
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Literatur (Auswahl)
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